Tumor-Fatigue und wie es dazu kam!

Tumorbedingte Erschöpfung, tumorassoziierte Fatigue, cancer related fatigue kurz CrF.
Alles meint dasselbe. Es ist aber nicht zu verwechseln mit chronischem Erschöpfungssyndrom – CFS – das ist ähnlich und vergleichbar aber eben nicht genau dasselbe. Dazu mal an anderer Stelle mehr.
Heute möchte ich über meine Fatigue erzählen und wie es dazu kam.
Naja, der Name sagt es ja schon ein bisschen. Tumorbedingt – also ausgelöst durch eine Krebserkrankung bzw. durch die Behandlungen und Fatigue wie Erschöpfung.
Vorausgegangen war meine Brustkrebserkrankung 2012. Ich war 40 und tastete diesen Knubbel. Fachärztlich angeschaut und schwupp startete die „Maschinerie“, um dat Dingen, wie ich es nannte, loszuwerden.
Mitte Januar 2012 ertastet, fünf Tage später Stanzbiopsie und eine weitere Woche später stand das Ergebnis fest. Bösartiger Tumor, noch nicht sooo groß, aber recht schnell wachsend. Ich weiß gar nicht mehr, ob zu diesem Zeitpunkt schon feststand, dass der Tumor Hormonrezeptor positiv war, also auf Östrogen ansprang. Jedenfalls klang das erstmal ganz gut, keins der schlimmsten Szenarien, es musste wegen der Wachstumsgeschwindigkeit trotzdem schnell losgelegt werden.

Die Strategie wurde im zertifizierten Brustzentrum festgelegt und mir vorgeschlagen. Ich wollte dat Dingen natürlich ganz schnell loswerden. Hallo, ich bin 40, habe statistisch gesehen mindestens nochmal so viele Lebensjahre vor mir.
Anfang Februar 2012 ging es dann mit der OP los, nachdem noch einige Voruntersuchungen stattfanden, um herauszufinden, ob die Krebszellen schon weiter verbreitet sind. Waren sie nicht – puh, nochmal Glück gehabt.
Der Professor konnte mir vor der OP nicht versprechen, dass die Brust dran bleibt. Das war mir egal, Hauptsache dat Dingen ist vollständig raus.
So egal war es mir wohl doch nicht, denn der erste Griff nach dem Aufwachen aus der Narkose ging in Richtung Brust – es konnte brusterhaltend operiert werden. Außerdem wurden drei Lymphknoten vorsichtshalber als Wächterlymphknoten entfernt.

Nach der OP hatte ich dann einige Wochen Zeit, um mich davon zu erholen. In der Zeit wurde dann auch noch der Tumor untersucht und ich bekam die Info, dass er großflächig rausgeschnitten war und die Ränder „sauber“ sind. Jut, weiter dann.
Der Professor hatte mir schon prophezeit, dass ich die volle Ladung mit Chemo, Bestrahlung und Antihormontherapie erhalten werde. Das wäre in meinem noch jungen Alter das Sinnvollste – so nach dem Motto „wenn, dann jetzt und alles!“. Okay, damit war ich einverstanden.
Chemo – Auslöser für die Tumor-Fatigue? Könnte sein, kann man nicht definitiv sagen – wahrscheinlich eine Kombination aus mehreren Faktoren.
Ende März 2012 sollte der erste von sechs Chemozyklen starten. Da eins der Chemomedikamente ziemlich aggressiv ist und nicht einfach so über die Armvene gegeben werden kann, wurde mir ein Port gelegt. Die Onkologin und die Pflegerinnen in der Onko hatten mir gesagt, dass diese OP wieder unter Vollnarkose erfolgen muss. Äääh nein, ich hatte mich schlau gemacht, das muss überhaupt nicht. Also bin ich schon ein bisschen wie krawallig in die Chirurgie zum Vorgespräch und die Chirurgin war total überrascht, dass man mir das so gesagt hat. Natürlich wäre das unter Lokalanästhesie möglich, wenn ich das wünsche.
Gesagt, getan – Mittwoch früh um 6 Uhr solle ich kommen. Das ginge ja auch schnell. Um 11 Uhr saß ich immer noch – mittlerweile sehr hungrig und durstig – auf dem provisorisch zugewiesenen Bett und wartete. Irgendwann war der Port dann drin, nachdem ich dem Operateur erklären musste, dass die Lokale mein Wunsch war. Er fragte nämlich wortwörtlich: „wollte sie das so?“ Das fand ich mega unsympathisch, schließlich war „sie“ doch wach und „sie“ konnte sprechen. *kopfschüttel
Nach ein bisschen Zweifel auf Ärzteseite, ob doch etwas schief gegangen sein könnte und ein Pneumothorax vorlag, wurde ich noch mal vorsichtshalber geröngt. War aber alles gut und dann durfte ich endlich nach Hause.
Zwei Tage später startete schon die erste Chemo. Das ganze Drumherum dabei und die Aufregung um den Umgang mit den Patientinnen durch die karrieregeile Assistenzärztin der Gyn-Onko spare ich mir für wann anders auf.

Eigentlich wollte ich auch gar nicht sooooo ausführlich berichten. Also fasse ich mich jetzt ein wenig kürzer. Übrigens setzt bei mir gerade ein Symptom der Tumor-Fatigue während des Schreibens ein – Konzentrationsmangel
Es folgten also noch fünf weitere Chemos, im regelmäßigen Abstand von drei Wochen. Im Juli war ich dann damit fertig und der nächste Schritt stand schon an.
Während der Chemozeit hatte ich das erste Mal das Gefühl dieser tiefen Erschöpfung. Ich war mehr als müde. Das sei eine normale Begleiterscheinung, wurde mir versichert und verschwände wieder, wenn die Chemo und Bestrahlungen rum sind. Okay, dann nehme ich das so hin.
Die Bestrahlungsbehandlung bestand aus 36 normalen Bestrahlungen und 9 Boostern. Damit war ich dann Ende September fertig.
Zur Reha – und dann ist der Spuk der Tumor-Fatigue vorbei!? Schön wär’s!
Mitte Oktober durfte ich dann in die erste Reha – meine Wunschklinik wurde bewilligt und so fuhr ich im Oktober für vier Wochen nach Sylt. Ach was war das herrlich.
Die Erschöpfung war allerdings immer noch da. Meine Therapeutinnen dort in der Rehaklinik meinten, ich sei zu ungeduldig. Jahaaaa. Und dort hörte ich zum ersten Mal den Begriff „tumorassoziierte Fatigue“. Trotzdem war das laut Ärzten und Ärztinnen immer noch völlig im Rahmen und normal.

Wieder zuhause hörte ich bei jedem Arztbesuch, wenn ich von der Erschöpfung berichtete, dass ich mir doch in Erinnerung rufen solle, was ich denn in den vergangenen Monaten durchgemacht hätte und ich geduldig sein müsse. Oh man, als die Geduld verteilt wurde, bin ich gegangen, hat mir zu lange gedauert.
Ich ging zum Psychoonkologen, machte eine Entgiftung und hoffte weiter, dass diese Erschöpfung irgendwann wie von Zauberhand verschwindet.
Einfach machen wie früher, dann geht die Tumor-Fatigue bestimmt weg!
Ich war der Überzeugung, dass ich nach einer angemessenen Rekonvaleszenzzeit wieder an mein „altes“ Leben anknüpfen könne und suchte mir eine Weiterbildung, da mein voriger Arbeitsplatz in beiderseitigem Einvernehmen aufgelöst bzw. der Jahresvertrag nicht verlängert wurde.
Ich ließ mich im Juli 2013 gesund schreiben und begann eine Weiterbildung zur Fachkraft für Finanzbuchhaltung und schloss diese im Dezember 2013 mit einem phänomenalen Ergebnis von 99% – sehr gut ab.

Noch während der Weiterbildung hatte ich ein Vorstellungsgespräch, welches mit einem neuen Arbeitsvertrag gekrönt wurde.
Ich war überglücklich, immer noch erschöpft, aber ich riss mich zusammen und machte einfach. Schließlich sollte es ja besser werden.
Also Augen zu und durch! Eine Tumor-Fatigue ist nicht von Dauer!
Du möchtest wissen, wie es weiterging? Dass ich die tumorbedingte Fatigue immer noch an meiner Seite habe, ist ja bekannt. Aus diesem Grund schaffe ich es nicht mehr, die Geschichte weiterzuerzählen. Konzentration ist futsch, bei Wortfindungsstörungen hilft Thesaurus zwar, aber das ständige vertippen ist auch nicht hilfreich. Also lasse ich den Artikel hier erstmal enden…
Was seit 2014 mit Vollzeitjob, mehreren Rehas, Arbeitszeitverkürzungen, Depressionen, Therapien, Recherchen etc. alles noch passierte, berichte ich im nächsten Blogartikel zu diesem Thema.